Online-Ausstellung zum 195. Geburtstag von L. N. Tolstoi (1828–1910)
Bereits mehr als hundert Jahre existiert die Welt ohne Tolstoi, Interesse an seinem Sachaffen lässt aber nicht nach. Die Probleme, die er in seinen Werken anschneidet, sind ewig. Sie sind nach wie vor wichtig und nah dem modernen Menschen: Glaube und Freundschaft, Lebenssinn und Suche nach der Wahrheit, Liebe und Verständnis, Verzeihung und Reue, Ungerechtigkeit und Sinnlosigkeit der Kriege, das Problem der täglichen moralischen Wahl…
Der Schriftsteller hat ein langes Leben geführt, das mit den tiefen geistigen Suchen angefüllt war, mit dem Streben nach der ständigen Selbstvervollkommnung. Er trachtete danach, seine persönliche Erfahrung unbedingt den anderen mitzuteilen. Er zeigt dem Leser verborgene Geheimnisse seiner Seele, weiht ihn in die Tiefen seines inneren Lebens ein. Die Werke des Schriftstellers überraschen mit ihrer außergewöhnlichen Wahrhaftigkeit, mit ihrer fast dokumentarischen Genauigkeit der Darstellung der handelnden Personen, der historischen Bilder und der Tiefe der psychologischen Aufgaben, die nur der Mansch erfüllen kann, der alles mit seinen eigenen Augen sah und diese Erfahrung persönlich erlebte.
Besondere Beobachtungsgabe von Lew Nikolajewitsch und seine Fähigkeit zur Feinheit der psychologischen Analyse wurden von seinen Zeitgenossen bemerkt. Kritiker N. N. Strachow überlegte sich über diese Besonderheit von Tolstoi und schrieb: «… unter dieser Analyse ist immer vollkommene Wahrhaftigkeit gemeint, sie ist gegen jede Falschheit gerichtet. Was auch immer der Maler erzählte, quält ihn offensichtlich Sorge, der wahrhaftigen Wirklichkeit nicht um Haaresbreite zu weichen und sogar der feinen kaum spürbaren Falschheit nicht nachzugeben».
Es ist kein Zufall, dass fast alle Helden der Werke von Lew Nikolajewitsch Tolstoi reale Prototypen haben. In den Naturbeschreibungen werden sich Merkmale seines beliebten Stammgutes Jasnaja Poljana bemerklich gemacht und in den herzlichen Suchen seiner Helden gibt es so viele persönliche Probleme des Schriftstellers. «Meine Schriften zeigen wie ich bin," — diese Wörter von Tolstoi sprechen von der einzigartigen Wahrhaftigkeit und der ausschließlichen Aufrichtigkeit seines Schaffens.
Ein Teil der Exponate, die auf der Ausstellung in Form von den Darstellungen vertreten sind, wird im Gedenkhaus von L. N. Tolstoi in Jasnaja Poljana behalten. Er wurde hier geboren, führte den größeren Teil seines Lebens, verfasste ungefähr zweihundert Werke, hier wurde er begraben. Das Landgut in Jasnaja Poljana von Tolstoj bewahrt Geheimnisse der unendlichen Veränderungen und Vervollkommnungen des Schriftstellers. Die Exponate des Hauses, wie auch Landschaften von Jasnaja Poljana, sind Zeugnisse und Einzelheiten seines Lebens, die helfen, sowohl Persönlichkeit von Tolstoi, als auch seine Werke besser zu verstehen. Auf der Ausstellung kann man Darstellungen der einzigartigen Gegenstände betrachten: die englische Uhr, die mehr als zweihundert Jahre die Zeit in Jasnaja Poljana messt, die Porträts der Vorfahren des Schriftstellers, die zu den Prototypen der Helden seiner Werke wurden, Schreibtisch und Tintengerät, das legendäre Ledersofa, auf dem der Schriftsteller, seine Brüder, seine Schwester, elf Kinder und zwei Enkelkinder geboren wurden, sowie auch eine große Bibliothek des Schriftstellers.
Ein anderer Teil der Darstellungen ist vom Staatlichen L. N. Tolstoi- Museum in Moskau (STM), einem der ältesten Literaturmuseen Russlands vorgestellt. Es war 1911 aus der Initiative der Tolstoi- Gesellschaft gegründet.
Heute ist Staatliches L. N. Tolstoi-Museum – die einzigartige Manuskriptensammlung des handschriftlichen Erbes von L. N. Tolstoi und der Materialien, die mit dem Leben und Schaffen des Schriftstellers verbunden sind. Darin wird über 400 000 Gegenständen bewahrt, die sich auf Tolstoi und auf die Familie Tolstois beziehen. Hier arbeitet das weltweit bekannte wissenschaftliche Zentrum, das schöpferisches Erbe von L. N. Tolstoi erlernt.
Auf der Ausstellung sind die Porträts von L. N. Tolstoi, die Arbeiten von I. J. Repin, N. N. Ge und M. W. Nesterow, Manuskripten der Werke des Schriftstellers, sowie auch seine Romane "Krieg und Frieden" und "Anna Karenina", die Autogramme der Dokumente und der Briefe von Tolstoi, Illustrationen zu seinen Büchern, die von den bekannten Malern erfüllt sind, sowie die Fotografien von Tolstoi und seinen Familienmitgliedern vorgestellt; eine besondere Aufmerksamkeit zieht eine einzige farbige Fotografie von Tolstoi, Arbeit von S. M. Prokudin -Gorski, die 1908 gemacht wurde.
Die Materialien der Ausstellung sind vom Staatlichen Gedenk- und Naturschutzgebiet «Staatliches Museum und Landgut von L. N. Tolstoi «Jasnaja Poljana» und dem Staatlichen L. N. Tolstoi- Museum vorbereitet
Lew Nikolajewitsch Tolstoi
Kurze Biographie
Ein russischer Schriftsteller Lew Nikolajewitsch Tolstoi wurde am 28. August (nach dem neuen Stil am 9. September) 1828, im Landgut Jasnaja Poljana bei Tula, in der Familie des altadeligen Geschlechts von Marija Nikolajewna Wolkonskaja und Nikolai Iljitsch Tolstoi geboren. Im Alter von anderthalb Jahren blieb er ohne seine Mutter. Nach dem Tod seines Vaters lebte er im Jahr 1837 zusammen mit seinen Brüdern Nikolai, Sergei, Dmitrij und mit seiner Schwester Marija in Jasnaja Poljana in Obhut seiner Tantchen T. J. Jergolskaja und A. I. Osten -Saken.
Im Jahr 1841 zog Lew Tolstoi nach Kasan in die Familie Vaters Schwester P. I. Juschkowa um, wo er 1844 an Kasaner Universität an die orientalische Abteilung der philosophischen Fakultät immatrikuliert wurde, und später wechselte er zur juristischen Fakultät.
In 1847 stellt der junge Tolstoi nach der Aufteilung der Erbschaft sein Ansuchen über die Exmatrikulation aus der Universität, er fährt in Jasnaja Poljana, wird ein Besitzer des Landgutes und widmet seine Zeit den wirtschaftlichen Sorgen.
Am 30. Mai 1851 meldet sich Lew Nikolajewitsch mit seinem älteren Bruder Nikolai zum Militärdienst und fährt nach dem Kaukasus, in die Kosakensiedlung Starogladkowskaja. Im Kaukasus arbeitet der junge Offizier an der Erzählung "Kindheit", die 1852 in der Zeitschrift "Zeitgenosse" (Sowremennik) veröffentlicht wurde und einen großen Erfolg hatte.
In Januar 1854 erstattet L. N. Tolstoi den Rapport über die Versetzung zur Krimarmee und am 7. November kommt er in die belagerte Festung Sewastopols an, wo er seinen Kriegsdienst auf dem gefährlichsten Verteidigungsabschnitt der Stadt leistet. In den «Sevastopoler Erzählungen», (Sewastopolskije rasskazy) die in der Zeitschrift "Zeitgenosse" publiziert wurden, brachte Tolstoi seine Verhältnisse zum Krieg zum Ausdruck.
Am 19. November 1856 kam L. N. Tolstoi in Sankt Petersburg an, wo seine Bekanntschaft mit den Mitarbeitern der Zeitschrift "Zeitgenosse" I. S. Turgenew und N. A. Nekrassow erfolgte.
Ende November 1855 scheidet der Schriftsteller vom Wehrdienst.
Im Januar 1857 fährt L. N. Tolstoi ins Ausland heraus, bereist Deutschland, Frankreich, Italien, die Schweiz. Nach der Rückkehr organisiert er in Jasnaja Poljana die erste Schule für die Kinder der Bauer. Seit Juli 1860 bis April 1861 fand die zweite ausländische Reise des Schriftstellers statt, die Bekanntschaft mit dem pädagogischen Praktikum Europas bezweckte.
Am 23. September 1862 heiratet Lew Nikolajewitsch S. A. Bers. Nach der Hochzeit kommen die jungen Eheleute in Jasnaja Poljana an, wo Ende 1863 Tolstoi beginnt, am Roman "Krieg und Frieden“ (Wojna i mir) zu arbeiten, der als Einzelausgabe im Jahr 1869 erschien. Während seines Lebens in Jasnaja Poljana verfasst der Schriftsteller das “Alphabet“, den Roman "Anna Karenina", der als Einzelausgabe 1878 veröffentlicht wurde, und andere Werke.
Ende siebziger Jahre des 19 Jh. ändert sich die Weltanschauung des Schriftstellers. Zu dieser Zeit gehört seine Arbeit am philosophischen Werk die "Beichte". In 80er- Jahre des 19. Jh. wird unter Mitwirkung von L. N. Tolstoi der Verlag "Vermittler" (Posrednik) organisiert, für den die zahlreichen Artikel, Volkserzählungen geschrieben sind.
1889 begann L. N. Tolstoi seine Arbeit am Roman "Auferstehung", der in der Zeitschrift "Ackerfeld" (Niwa) im Jahr 1899 veröffentlicht wurde.
Im Jahr 1901 formlierte der Heilige Synod in der Zeitung «Kirchliche Listen» (Zerkownyje wedomosti) die Bestimmung über die «Exkommunikation» Tolstois von der Kirche.
Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte L. N. Tolstoi in Jasnaja Poljana, wo er an philosophischen, sozialen Artikeln, an den Sammlungen "Gedanken der weisen Menschen für jeden Tag", den «Lektürekreis» arbeitete.
In der Nacht zum 28. Oktober 1910 verließ der Schriftsteller Jasnaja Poljana. Wegen seiner Krankheit war er gezwungen, auf der Station Astapowo stehenzubleiben, wo er am 7. November 1910 gestorben wurde.
Lew Nikolajewitsch Tolstoi wurde laut seinem Letzteren Willen in Jasnaja Poljana begraben.