Ausstellung „Abramzewo. Damals und heute“

09/29/2015 - 18:30

Abramzewo ist ein russisches Gut, welches eng mit dem Kunstleben Russlands der letzten zwei Jahrhunderte verbunden ist. In der ersten Hälfte des XIX. Jahrhunderts haben hier solche bewundernswerte  Schriftsteller wie S.T. Aksakow, N.W. Gogol, I.S. Turgenew gelebt, geschrieben oder waren hier zu Gast. Im letzten Jahrhundertdrittel des XIX. Jahrhunderts und am Anfang des XX. Jahrhunderts hat sich in Abramzewo ein Künstlerverband gebildet, welcher in die russische Kunstgeschichte unter dem Namen „Abramzower (Mamontows) Kunstzirkel“  eingegangen ist. Die Tätigkeit vom Abramzower Zirkel ist einzigartig  hauptsächlich durch die breite Palette der künstlerischen Interessen und die Möglichkeit sie in allen Arten der schöpferischen Arbeit  zu verwirklichen. Das sind sowohl die Kunst der Theaterkostüme und der Bühnenbilder, als auch Tafelbilder und Kunsthandwerk. 

Die Theateraufführungen vom Abramzower Zirkel  im Gut wurden zu den Kunstereignissen. Die Künstler haben bei den Vorstellungen gleichzeitig als Schauspieler, Regisseure und Szenografen aufgetreten. Sie haben auch die Aufgaben der Bühnenbilder im Theater auf neue Art und Weise gelöst. Als Beispiel kann die Ausstattung einer Vorstellung im Haus nach dem Stück (Frühlingsmärchen) von A.N. Ostrowskij „Schneewittchen“ von W.M. Wasnezow dienen. Wasnezow hat in der Vorstellung die Rolle vom Väterchen Frost gespielt und seine Bühnenbilder wurden zum richtigen Umschwung in der russischen Theaterbühnenbilderkunst.
Die freie Luft von Abramzewo, wohltuende Stimmung der schöpferischen Kunst haben geholfen, daß unter den Künstler die Idee „des Beseligten“ entstanden hat. „Das Beseligte“, Lyrische, Subjektiv-Persönliche  hat seinen Ausdruck in den Bildern von „Maler von Abramzewo“ gefunden. Wer sind sie – Maler von Abramzewo? Das ist W.D. Polenow, der Studienzeichnungen in der Natur gemalt hat. Seine Zeichnungen sind voll mit der sanften   Lyrik und dem luftigen Licht. Das ist W.M. Wasnezow. Er war von russischen Märchen verzaubernd und  hat das in seinen Tafelbildern „Aljonuschka“ und „Die drei Recken“ zum Ausdruck gebracht. Das ist I.E. Repin, der in Abramzewo einen lockeren musikalischen malerischen „Blumenstrauß“  im für ihn nicht charakteristischen Genre  des Stilllebens gezeichnet hat. Dabei ist er der Tradition von Peredwischniki (Wanderer) treu geblieben und hat hier an den Geschehensbildern „Unerwartete Heimkehr“, „Verabschiedung von einem Einberufenen“,  „Religiöse Prozession im Gebiet Kursk“, „Die Saporoger Kosaken schreiben dem türkischen Sultan einen Brief“ gearbeitet.  Die Landschaft von Abramzewo hat die künstlerische Gestaltung des Bildes von M.W. Nesterow „Die Vision des Knaben Bartholomäus“ beeinflusst. Im Zusammenhang  mit diesem Bild kann man über die religiösen Ursprünge der russischen Plenairmalerei reden. Der junge W.A. Serow hat im Esszimmer des Hauses von Abramzewo ein künstlerisches Meisterwerk  „Das Mädchen mit den Pfirsichen“ gemalt. Das ist das Porträt der älteren Tochter von Mamomtows  Vera. Dieses Porträt wurde zum seiner Art Symbol von der „beseligten“ Malerei von Abramzewo.
Die Tischlerei und die Töpferei in Abramzewo wurden von Mamontows für die Ausbildung der Bauernkinder und für die Lösung der materiellen Probleme  gegründet. Diese Werkstätte waren schöpferische Labors, die die künstlerische Richtung in der  Möbelkunst, in der Holzschneiderkunst und in der Töpferkunst entwickelt haben.  Die Teilnahme von den bedeutenden Malern (E.D. Polenowa und M.W. Wrubel)  am schöpferischen Vorgang hat die besten künstlerischen Ergebnisse angeregt. Die Stilsuche der Künstler von Abramzewo war auf die altrussische und russische Volkskunst orientiert und das hat zum neuen bildnerischen System – der russischen Variante des Jugendstils geführt. 
Das schaffende Leben in Abramzewo wurde auch im XX. Jahrhundert  fortgesetzt. In Abramzewo hat  ein sehr wichtiges Treffen von P.P. Kontschalowski mit den bewundernswerten Eichen von Abramzewo stattgefunden. Alles, was er Anfang der 1920-er Jahre gemalt hat, zeugt von seiner Aneignung der klaren und kummerlosen Landschaft. Abramzewo hat auch I.I. Maschkow neue Motive und deren schöpferische Verwirklichung geschenkt. Er hat viel experimentiert und plötzlich hat er angefangen sich mit der Malerei, die „ohne Worte verständlich“ ist zu beschäftigen, und hat eine ganze Reihe von Stillleben auf dem Wochenendhaus  in der Tradition der klassischen Kunst gemalt. W.I. Muchina hat in Abramzewo an der endgültigen Variante der Skulpturengruppe „Arbeiter und Kolchosbäuerin“ gearbeitet, die später weltberühmt wurde. T.A. Mawrina, eine Künstlerin mit dem großen Talent, hat Abramzewo  zur Schaffung der expressiven malerischen Tafellandschaftsbilder und Tafelstillleben inspiriert.  Die metaphorische Denkweise der Künstlerin hat es erlaubt, daß der Baum mit den Wolken aufblüht und der rote Kater mit  der Röte der Sonnenblumen strahlt.  Die Künstlerin hat die Atmosphäre des Wunderbaren offen und froh wiedergegeben. So, wie es die volkstümlichen Meister machen konnten. Unsere Zeitgenossen – Keramiker, Bildschnitzer – beachten sehr aufmerksam die plastischen Erfahrungen ihrer Vorgänger, versuchen traditionelle Sachen zu schaffen, indem sie die heutige Zeit wiederspiegeln ohne nachzuahmen.
Bei den unterschiedlichen Wegen hat das Umfeld von Abramzewo zu allen Zeiten  die gleiche Richtung der  schöpferischen Suche der Künstler gezeigt: nationale Traditionen. Die Rückkehr zu den Volkswurzeln der Kunst bedeutet in erster Linie die Erlangung der geistigen Selbstständigkeit und der Freiheit der  ästhetischen Selbstverwirklichung. Die Existenz der einzigartigen Erscheinung der russischen Kultur des Gutes Abrmzewo ist möglich im Synkretismus der Kunst des letzten Viertels des XIX. Jahrhunderts und des XX. Jahrhunderts und der heutigen Kunstentwicklung mit  ihrer unaufhebbaren Widersprüchen. Darin besteht die Idee der Publikation für die Ausstellung „Abramzewo. Damals und heute“.