Online-Ausstellung „Schwert und Zlatnik“

06/12/2022 - 00:00

Die Entstehungsgeschichte der Rus ist die Epoche der ersten Anfänge öffentlichen Lebens des östlichen Slawentums und der Gründung einer neuen Identität, aus der auch der Name des heutigen Russlands entstanden ist.

Die vom Verfasser der Nestorchronik (Erzählung der vergangenen Jahre) erwähnten Meilensteine dieser Epoche sind: die Berufung der Waräger (im Jahr 862), die Vereinigung von Nord- und Südrus unter der Herrschaft von Oleg (im Jahr 882), Feldzüge gegen Byzanz und der Abschluss von Verträgen mit den Griechen (in den Jahren 907 und 911), Militärkampagnen von Swjatoslaw (in den Jahren 965-972), die Erhebung von Wladimir in den Fürstenstand in Kiew (im Jahr 980) und die Annahme des Christentums als Staatsreligion durch Wladimir (im Jahr 988).

Das Auftauchen der Rus als einer neuen politischen Macht auf dem historischen Schauplatz in der Mitte des 9. Jahrhunderts wurde in westeuropäischen und byzantinischen Quellen dokumentiert. Die Ereignisse der fernen Vergangenheit bestimmten auf lange Zeit die Umrisse der wichtigsten Kulturkreise Osteuropas, die Gestaltung der politischen Landkarte und in vieler Hinsicht auch den weiteren Verlauf der russischen Geschichte.

Das Schwert und der Zlatnik (Goldmünze mit der Abbildung des Fürsten) sind Symbole des neu entstehenden Staates, Zeichen der Macht und zugleich Instrumente politischer Vereinigung in der mittelalterlichen Welt. Die Integration der Rus ist ein Prozess, bei dem der wirtschaftliche Ansatz ebenso bedeutsam ist wie die militärische Initiative, die Waffe des Herrschers. Das Schwert wird in den Chroniken ständig erwähnt, und Münzen kommen in den kulturellen Schichten im Überfluss vor und machen die Bedeutung von Handel und Geldbeziehungen als wichtigste wirtschaftliche Faktoren in der ersten Etappe der Geschichte des neuen Staates deutlich.

Die Denkmäler der späteren Periode, die einen Archetyp der „nationalen Vergangenheit" erschaffen, versperren uns die Sicht auf das historische Erscheinungsbild der frühen Rus, das Antlitz ihrer Kultur. Die Ausstellung mittelalterlicher Antiquitäten aus den führenden Museen Russlands, Weißrusslands und der Ukraine, von Gegenständen aus alten Sammlungen sowie neuesten Fundstücken, Manuskripten und kirchlichen Kunstgegenstände, macht uns mit dieser so nahen und zugleich so fernen Welt vertraut.

Die in der Ausstellung präsentierten Exponate beziehen sich auf drei Zeitabschnitte: die Vorgeschichte der Rus (6.-8. Jahrhundert), den Werdegang des jungen Staates (9.-10. Jahrhundert) und seine Blütezeit (11.-12. Jahrhundert).

Der Anfang Russlands - das ist sowohl die Entstehung eines neuen Staates als auch die Erschaffung einer neuen Kultur, die Ausbreitung des Schrifttums, die Erschließung neuer Gebiete und die Landschaftspflege. Das Gebiet der frühen Rus wurde zu einem Schmelztiegel, in dem sich ostslawische Stämme und ihre Nachbarn allmählich auflösten. Eine neue ethnische Gemeinschaft kam zur Welt - ein Volk, das zwar in Gebietsgruppen aufgeteilt, sich aber dennoch seiner Einheit bewusst war. Mit dem Zugang zu den Errungenschaften der Weltzivilisation nahm die frühe Rus viele Einflüsse von außen in sich auf - aus Byzanz, Skandinavien, dem Orient sowie Zentraleuropa. Das Antlitz der altrussischen Kultur wurde durch die Verflechtung eigener slawischer Traditionen mit zahlreichen Entlehnungen geprägt.

Archäologische Denkmäler des 9.-10. Jahrhunderts widerspiegeln die Bildung neuer gesellschaftlicher Kräfte, die Herauskristallisierung von Machtzentren, durchgreifende Umgestaltungen der sozialen Struktur und der Lebensordnung, die Suche nach neuen Symbolen für die Staatsgewalt und die Zugehörigkeit zur sozialen Elite. Zum Schlüsselereignis der Epoche wurde die Vereinigung riesiger Gebiete zwischen der Ostsee und dem Mitteldnjepr unter der Herrschaft der Rurikiden. Die durch den Weg „von den Warägern zu den Griechen" verbundenen Städte Nowgorod und Kiew entwickelten sich zu den politischen Hauptzentren der neuen Macht.

Das 11.-12. Jahrhundert war ein Zeitraum, in dem sich neue soziale Bindungen, politische Institutionen und Kulturtraditionen bereits herausgebildet hatten und die Erneuerung der ostslawischen Welt vollendet wurde und in dem die Rus auf dem Schauplatz der Weltgeschichte als ein mächtiger und reicher Staat mit einer wachsender Wirtschaft sowie einer auf byzantinische Errungenschaften ausgerichteten, blühenden Kultur auftrat, die sich in engem Kontakt zu den Hauptstätten der eurasischen Zivilisation entwickelte. Das war eine getaufte Rus, die neue Städte mit einer wachsenden Bevölkerung baute, für Bevölkerungswachstum sorgte und Gewerk und Handel beförderte.

Archäologische Funde zeugen von der kulturellen Eigenheit einzelner Gebiete und dokumentieren zugleich auffallende Anzeichen der kulturellen Einheit, deren Eigenschaften am deutlichsten in den Zeiträumen der politischen Desintegration zum Ausdruck kamen. Die Vorstellung über die Einheit altrussischer Kultur, die häufig umstrittene Existenz einer gemeinsamen kulturellen Identität, wird von den starken und eindrucksvollen Ausstellungsexponaten untermauert.

Die Ausstellung „Schwert und Zlatnik" zeigt das komplexe Zusammenwirken verschiedener historischer Kräfte auf, die die Rus als Staat und ethnische Gemeinschaft bildeten und die Eigenständigkeit der altrussischen Kultur bedingten.

Die Ausstellung „Schwert und Zlatnik" findet im Zeitraum von November 2012 bis Februar 2013 im Staatlichen Historischen Museum in Moskau statt.

Neben dem Staatlichen Historischen Museum sind an der Ausstellung die Museen des Moskauer Kremls, das Museum der historischen Kostbarkeiten der Ukraine (Kiew), das Staatliche Vereinigte Museumsreservat der Stadt Nowgorod, das Nationale Historische Museum der Ukraine, die Staatliche Eremitage, der Museumspark für Geschichte, Architektur und Archäologie Staraja Ladoga, das Chersones-Museum, das Archäologische Museum Warna (Bulgarien), dasWladimir-Susdal-Museumsreservat, das Nationale historisch-kulturelle Museumsreservat Polozk, das Nationale Historische Museum der Republik Belarus, das Lehrlaboratorium für Museumskunde der historischen Fakultät der Belarussischen Staatlichen Universität, das Institut für Geschichte der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Republik Belarus, das Nationale Kunstmuseum der Republik Belarus, das Nowgoroder Historische Heimatkundemuseum sowie das Tschernigower Staatliche Historische W. W. Tarnowskij-Museum beteiligt.


An der Publikation haben gearbeitet:

ROSSOTRUDNITSCHESTWO

Alexander Chesnokow, Swetlana Nekrasowa, Ljubow Poshidaewa

Das Staatliche Historische Museum

Tamara Igumnowa, Veronika Muraschewa, Denis Shurawljow

CJSC EPOS

Wladimir Opredelenow, Artjom Belborodow, Julia Busina, Denis Dubynin, Olga Kowalenko, Swetlana Kusnezowa, Natalija Moszhuchina, Michail Ugolnikow