Der Einfluss Fjodor M. Dostojewskis auf die österreichische Literatur wurde im Rahmen eines Vortrags des Russischen Hauses in Wien präsentiert

01/20/2022 - 12:30

Wie hat der russische Schriftsteller Fjodor Dostojewski die österreichische Literatur beeinflusst? Wie spiegeln sich seine Charaktere in den Werken des bedeutendsten österreichischen Schriftstellers der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, Thomas Bernhard, wider? Die Antwort auf diese Fragen gab der Vortrag von Erich Poyntner, österreichischer Literaturwissenschaftler, Russischprofessor am Gymnasium St. Pölten, stellvertretender Vorsitzender des Österreichischen Verbandes der Russischlehrer, zweifacher Preisträger des Puschkin-Wettbewerbs, "Verrückte Helden in den Romanen von F.M. Dostojewski und in der österreichischen Literatur".

In seiner Studie gibt der Autor einen literarischen Überblick über Helden in der russischen Literatur, die die Rahmen der Normalität verlassen. Die Helden von Puschkin und Tschechow sind oft realistisch und auf der Straße zu finden, während die Helden von Michail Lermontow und Nikolai Gogol, Iwan Turgenjew und Nikolai Leskow, Andrej Belyi und Waleri Brjusow oft ungewöhnlich, phantasmagorisch und außerhalb der Norm sind. In der zeitgenössischen Literatur kontrastierte der österreichische Forscher die wahrheitsgetreuen Charaktere von Zakhar Prilepin mit den überzogenen, "abnormen" Charakteren von Vladimir Sorokin und Viktor Pelewin.

Dostojewskis Figuren nehmen Merkmale des Wahnsinns, der Verrücktheit, der Abnormität an, die die Welt und die Menschen um sie herum nicht akzeptieren. Wie Professor Poyntner hervorhob, spiegelt sich das Werk Dostojewskis in den Romanen des Österreichers Thomas Bernhard anschaulich wider - man kann Anklänge an fast alle seine Romane finden: „Der Idiot“, Die Dämonen, „Der Doppelgänger“ und „Die Brüder Karamasow“.

In seinem ersten Roman "Der Frost", mit dem Thomas Bernhard weltberühmt wurde, ist der Künstler Strauch beispielsweise der in den Alpen lebende Fürst Myschkin. In dem Roman wird das Bild des feinsinnigen Helden gezeichnet, der von seiner Umgebung weder verstanden noch akzeptiert wird.

Professor Poyntner stellte den Gästen des Abends aus Österreich, Russland und Zypern seine literarischen Forschungen über den Einfluss des großen russischen Schriftstellers auf den österreichischen Literaten vor, der das kulturelle Leben Österreichs in den 1960er und 1980er Jahren am stärksten geprägt hat und als einer der wichtigsten deutschsprachigen Schriftsteller gilt.

Thomas Bernhard prangerte in seinen Werken die Mängel der österreichischen Institutionen scharf und unversöhnlich an. Gemäß dem Willen des Schriftstellers sind seine Werke in Österreich mit einem Veröffentlichungs- und Produktionsverbot belegt.